Protokoll der INTERNA 2025 der DGÄZ
Von Dr. Thomas Staudt, Frankfurt
Die Begrüßung des Auditoriums durch DGÄZ-Präsident Prof. Dr. mult. Robert Sader führte zu einer Neuigkeit. Die Interna der DGÄZ wird zukünftig nicht mehr in Westerburg stattfinden. Ein neuer Ort für die bewährte und stets mit namhaften Referentinnen und Referenten ausgestattete Veranstaltungsreihe steht am 27. bis 28.02.2026 mit dem Hotel Kö59 in Düsseldorf bereit. Bitte den Termin und den neuen Ort vormerken und fest in den Kalender eintragen.
In Europa und außerhalb längst etabliert, in Deutschland aber noch selten gesehene Gäste, – zwei zahnärztliche Kollegen aus Vilnius, Litauen – Frau Agne Malisauskiene und Herr Mindaugas Kudelis, eröffneten die Interna mit ihrem gemeinsamen Vortrag „Connect the Dots“. Eine simplifizierte Schichttechnik zum vorhersagbaren, effizienten Wiederaufbau der Kaufläche im Seitzahnbereich mittels stopfbaren und fließfähigen Compositen demonstrierte Herr Kudelis. Frau Malisauskiene demystifizierte die Composite Füllungstechnik im Frontzahnbereich. Im Vortrag summierten einfache, verständliche Protokolle perfekt das Können und Wissen der großen Composite Meister, reduzierten es auf das Wesentliche und machten es damit praktikabel für jedermann. Beide Kollegen sind Mitglieder der Bio-Emulation Group und praktizieren in Vilnius, Litauen.
Dr. Vera Leisentritt und ZTM Ralf Barsties überzeugten mit ihrem Ansatz des Teamworks zwischen zahnärztlicher und zahntechnischer Leistung. Die Herausforderung der modernen Zahnmedizin vereint das Beste aus der analogen und der digitalen Welt. Vom sehr analogen Beschleifen der Zähne über den digitalen Scan, der laborseits fast in Echtzeit kontrolliert und besprochen werden kann, den digitalen Labor-Workflow und dem finishing der Werkstücke im Labor letztlich wieder zurück zum analogen Eingliedern. All das erfordert Erfahrung, menschliche Expertise und den Blick für Ästhetik. Die digitalen Apps unterstützen hierbei und fördern die Effizienz in der Kommunikation, bieten eine deutliche Zeitersparnis, eine exakte Passgenauigkeit und kommen den Patientinnen und Patienten in der Versorgung und Rekonstruktion bzw. Rehabilitation zugute.
Der erste Tag der Interna wurde durch die Verleihung des Förderpreises „Young Esthetics“ abgerundet. Dr. Annemarie Gansser erhielt den mit € 2.500,- dotierten Preis und man durfte auf die Vorstellung des Behandlungsweges am zweiten Tag gespannt sein oder die Therapieoptionen schon beim festlichen Abend im Lindner am Wiesensee ausdiskutieren.
Unter der Überschrift „Less is more: Das Prinzip der rekonstruktiven Zahnmedizin“ stellte Frau Dr. Aiste Kernen die Kautelen vor, mit denen sich minimalinvasive Eingriffe um ästhetische Korrekturen der Frontzähne bis hin zu Bisshebungstechniken umsetzen lassen. Dabei spielen Präparationstechniken eine große Rolle zur Vermeidung von übermäßigem Substanzabtrag und zur Vermeidung postoperativer Hypersensibilitäten oder späterem Vitalitätsverlust, der sich in ca. 1,8 % der Fälle nach 5 Jahren einstellen kann. 360°-Veneers mit 0,5 mm Schichtstärke können unter bestimmten Voraussetzungen Vollkronen ersetzen. Besonderes Augenmerk verdient die Farbauswahl und die Entscheidungsfindung, wo und wieviel Abtrag benötigt wird und ob nicht mit Composites versorgt werden kann.
Mit ZTM Enrico Steger betrat eine herausragende und umtriebige Persönlichkeit das Podium, dessen Vita jedem bekannt sein dürfte. Sogleich startete er mit einer radikalen These in seinen Vortrag: „Vergesst die Okklusion, sie existiert nicht.“ Es braucht die KFO, um die Zähne an die richtigen Stellen zu bringen. Doch was ist richtig? Es ist für jeden etwas anderes und doch gleich. Vorgestellt wurden diverse Analysen von DVT’s, Fernröntgen, Face-Scans und Modellen. Die Okklusion werde „Eminenz-based“ gefunden und mit „Schüttelbrot geprüften“ Polycarbonatschienen gerne ausprobiert, bis es zur defintiven Versorgung kommt. Zum Abschluss seines erfrischenden Vortrags stellte Enrico Steger seine Military School vor.
Eine perfekte Überleitung zum nächsten Thema, welches sich mit der Okklusion beschäftigt, vorgestellt von ZTM Julia Schlee und ZTM Jochen Peters. Hierbei ging es um den digitalen Workflow vom intraoralen Scan der Präparation und dem sogenannten Biss-Scan. Zwischen 20 und 30 % der zahnärztlichen Praxen wenden digitale Techniken mit unterschiedlichen Lernkurven gerade zu Beginn der Implementierung eines Scanners an. Hierbei gilt, dass Präparationsform und Ausführung dem CAM kompromisslos angepasst werden müssen. Im Dentallabor helfen Situations-Scans, die mit Okklusionsfolie eingescannt wurden, bei der Zuordnung und Gestaltung der Kontaktflächen sowie Biss-Scans mit Shimstock-Folie.
Im folgenden Beitrag über die Behandlung oraler Restriktionen in Kombination mit Dentosophie gab ZÄ Franka Meuter zunächst die Definition einer oralen Restriktion. Sie wird verursacht durch orale Bänder, die eine unterschiedliche Beschaffenheit aufweisen und die verschiedene Auswirkungen haben können, z.B. offene Mundhaltung und damit Mundatmung, schlechter Schlaf, Zahn- und Kieferfehlstellungen um nur einige zu nennen. Ein klassisches Beispiel ist die Frenuloplastik. Ist die Zunge nicht in der Lage, ihre Schluckmuster auszuüben, sind auch Lippendruck, Wangendruck und bilaterale Kaumuster dadurch beeinflusst und ein physiologisches Wachstum im Kindesalter ist gestört, mit weiteren Einflüssen auf die Körperhaltung.
Dr. Ina Köttgen aus Mainz stellte ihr Konzept zur Funktionsverbesserung mithilfe von Alignern zur Verbesserung der Okklusion und Dynamik, Schonung der Zahnhartsubstanzen, Erhalt des Knochens und besserer Belastung, Verbesserung des Gingivaverlaufs und zur geringeren Invasivität bei prothetischer Versorgung vor. Hierbei stellte sie eindrucksvoll anhand der Demonstration verschiedener Patientenfälle den volldigitalen Workflow auf der Grundlage ihrer Philosophie vor. Dabei spielten eine gründliche, umfassende Planung unter Zuhilfenahme von Smile Design und Mock-Ups sowie Langzeitprovisorien zum Probetragen eine große Rolle.
Den Abschluss der Interna 2025 hätte man sich nicht spannender als mit dem vorgestellten Fall der Young Esthetics Preisträgerin Dr. Annemarie Gansser aus Westerburg gestalten können. Leider war Dr. Diether Reusch zu diesem eigentlich gemeinsamen Vortrag verhindert, wurde aber von Frau Dr. Gansser würdig vertreten. Es wurde die Therapie einer jahrelangen Leidensgeschichte eines jungen Mannes mit Oligodontie nach 7-jähriger KFO-Vorbehandlung vorgestellt. Hierzu diente das altbewährte Pizza-Modell, wobei komplexe Rehabilitationen in kleine überschaubare Einheiten aufgeteilt werden. Am Ende strahlte ein sehr glücklicher Patient mit der zahntechnischen Meisterleistung von ZT Sascha Fasel in die Kamera.