Dentalwerkstoffe
Dentalwerkstoffe - Zahnärztliche Werkstoffe im 21. Jahrhundert
Die steigende Nachfrage der Patienten nach zahnfarbenen, haltbaren und gleichzeitig verträglichen Dentalmaterialien hat in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten zu einer rasanten Entwicklung geführt. Zugegeben: Ein hundertprozentig vollwertiger Ersatz für verlorene Zahnsubstanz steht noch aus. Aber es gibt inzwischen verschiedene Materialien und Produkte, die sehr nahe an dieses Ideal heranreichen. Allem voran die Keramiken und hier insbesondere die Silikatkeramiken (Presskeramiken). Durch ihre zahnähnlichen, lichtoptischen Eigenschaften zeichnet sie sich durch eine Ästhetik aus, die mit keiner anderen Keramik erreicht werden kann.
Die Diskussion um die Verträglichkeit von Dentallegierungen wurde vor einigen Jahren in Deutschland besonders heftig geführt. Aber auch andere Länder und europäische Gremien mussten sich mit der Frage auseinandersetzen, ob Dentallegierungen bestimmte Erkrankungen, Allergien oder sogar Vergiftungserscheinungen auslösen können. Das damalige Bundesgesundheitsamt (BGA) rief eine Expertenkommission zusammen, die Empfehlungen zur Verwendung von Legierungen herausgaben. Darin hieß es, es gäbe Hinweise, dass Palladium-Kupfer-Legierungen in Abhängigkeit von weiteren Bestandteilen die Indium und Gallium als unverträglich anzusehen sein. Dieser Empfehlung lagen zwar keine wissenschaftlichen Erkenntnisse zugrunde, haben aber zu einer Reihe von neuen Entwicklungen – so genannten Biolegierungen – geführt, die heute als hoch verträglich gelten.
Amalgam ist durch seinen Quecksilbergehalt bereits in den 1980er Jahren in Verdacht geraten Vergiftungserscheinungen auszulösen. Die toxikologische Gesundheitsgefährdung konnte in zahlreichen Studien, die seither aufgelegt wurden, nicht nachgewiesen werden. Tatsache ist aber, dass sich im Laufe der Jahre kleine Quecksilbermengen aus der Füllung freisetzen und im Körper ablagern. Außerdem wurde über äußerst seltene allergische Reaktionen auf Amalgam berichtet. Die meisten Zahnärzte sind sich deshalb einig, dass es wenig sinnvoll ist, intakte Amalgamfüllungen zu entfernen, wenn Patienten scheinbar keine Probleme damit haben. Als metallfreie Alternative zu Amalgamfüllung stehen heute weiße Kunststoffe (Komposite) und Keramiken zur Verfügung.
Komposite sind Kunststoffe mit einem hohen Anteil von Quarz, Glas und anderen Partikeln. Hauptproblem bei der Anwendung von Kompositen für die prothetische Versorgung ist nach wie vor die im Vergleich zu Keramiken geringere Abrieb- und Farbbeständigkeit. Für eine Füllung oder die Verblendung einer Krone reicht die Festigkeit moderner Kunststoffe jedoch aus. Interessant ist der Aspekt, dass man eine beschädigte oder farbveränderte Kompositerestauration im Munde wieder reparieren bzw. korrigieren kann.
Silikatkeramik ist heute in der Dentaltechnik die meist verwendete Keramik. Sie wird bereits seit 200 Jahren für die Herstellung von Prothesenzähnen genutzt und seitdem ständig weiterentwickelt. Ein bewährter und erprobter Werkstoff also, der sich vor allem durch eine hohe Homogenität – seine zahnähnlichen Eigenschaften – auszeichnet.. Bedingt durch Ihre Transluzenz wird ein großer Teil des einfallenden Lichts in die Keramik hineingeleitet. Es kommt zum so genannten „Chamäleoneffekt“. Die Restauration passt sich hierbei der Umgebungsfarbe an. Zudem ist sie von hoher Festigkeit und ermöglicht eine sehr präzise Verarbeitung. Sie eignet sich deshalb für die Herstellung von Inlays und Veneers genauso wie für Teil- und Vollkronen. Der Vorteil beim Einsetzen der Restaurationen: Dank einer speziellen Klebetechnik (Adhäsiv-Technik) gehen die vollkeramischen Restaurationen mit der Zahnsubstanz einen derart festen Verbund ein, dass der Zahn stabilisiert wird.
Metallkeramik, ist eine Krone oder Brücke, welche ein Metallunterbau hat, der mit Silikatkeramik verblendet wird. Eingeführt wurde die Technik in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts.
Aufgrund der hohen Haltbarkeit und Belastbarkeit dieser Restaurationen, galten sie jahrzehntelang als Goldstandard. Heute werden sie zunehmend von den modernen Vollkeramiken verdrängt. Inzwischen werden Metallgerüste zunehmend durch Gerüste aus hochfester Aluminium- oder Zirkoniumoxid („weißer Stahl“) ersetzt. Durch ihre Festigkeit eignen sie sich für die Herstellung von Front- und Seitenzahnbrücken. Anders als der natürliche Zahnschmelz und Silikatkeramik sind diese Keramikgerüste jedoch nicht transluzent, das heißt sie fangen das Licht auf, statt es in den Zahn „hineinleiten“. Für optimale ästhetische Resultate müssen sie daher mit Silikatkeramik verblendet werden.
Dies trifft für die hoch festen Zirkon- und Aluminiumoxidkeramiken zu. Diese Keramiken stehen als „Block“ zur Verfügung, woraus das Dentalwerkstück herausgearbeitet wird. Dies geschieht auf Grundlage eines „elektronischen Abdrucks“, den der Zahnarzt mit Hilfe eines lichtoptischen Systems direkt vom präparierten Zahn oder von einem Modell des Zahnes nimmt. Anhand dieses Scans wird am Computer z.B. das Brückengerüst entworfen. Diese Daten werden an eine Fräseinheit gesendet, die das Gerüst auf den Bruchteil des Millimeters genau aus dem Keramikblock herausfräst. (Restaurationen aus Silikatkeramik werden dagegen in aufwändiger Handarbeit mit Press- und Schichtverfahren aufgebaut.) Anschließend wird das Zirkonoxidkeramikgerüst gebrannt und individuell mit Keramik verblendet.
Tatsächlich gibt es inzwischen auch Implantate aus Zirkonoxidkeramik. Titan, das meist verwendete Implantatmaterial, hat sich jedoch im Laufe der Jahrzehnte so sehr bewährt, dass Zahnärzte nur in Einzelfällen davon abraten. Titan ist wie Keramik ein hoch verträglicher Dentalwerkstoff. Selbst Knochenzellen reagieren auf Titan völlig neutral und lagern sich nach der Implantation so dicht an die Oberfläche an, dass es im Laufe der Heilung fest vom natürlichen Gewebe umschlossen wird.